Michael Muschalle
Ende Inhalt Anmerkung Gesamtinhalt Home Michael Muschalle Zum Wirklichkeitsbegriff Rudolf Steiners (Stand 14. 11. 01) Über diesen Aufsatz Der vorliegende Aufsatz erschien erstmals unter dem selben Titel im Jahrbuch für Anthroposophische Kritik 1998, herausgegeben von Lorenzo Ravagli im Trithemius Verlag. Veranlaßt wurde er durch eine kritische Besprechung meiner Kuhn-Arbeit durch Werner Firgau im Jahrbuch für Anthroposophische Kritik 1997. Den Anregungen Firgaus folgend bin ich Steiners Wirklichkeitsbegriff ausführlicher nachgegangen und habe mir entsprechende Textstellen aus Steiners Grundlinien ... noch einmal näher angesehen. Die Ausführungen zu Kuhn (siehe auf dieser Homepage: Thomas S. Kuhn und das Erzeugen der Wirklichkeit ) und der vorliegende Aufsatz bilden daher eine thematische Einheit. Die Arbeit wurde für die Veröffentlichung auf dieser Homepage an einigen Stellen erweitert, vor allem um die Diskussion einer Interpretation Herbert Witzenmanns in Kapitel 5. Thema des Aufsatzes ist der Wirklichkeitsbegriff Rudolf Steiners, und zwar soweit er in seinen erkenntnistheoretisch ausgerichteten Veröffentlichungen dargelegt ist. Die esoterische Dimension ist hier nicht berücksichtigt. Es geht vor allem um seinen Ausdruck vom Schaffen der Wirklichkeit im Erkennen. Es wird versucht zu zeigen, daß Steiner dieses Wirklichkeitsschaffen weder im solipsistischen, noch im rein konstruktivistischen Sinne versteht. Schaffen der Wirklichkeit im Erkennen bedeutet für ihn eine Synthese von wahrnehmlichen und begrifflichen Bestandteilen der Gesamtwirklichkeit, so daß die ursprüngliche Einheit der Wirklichkeit sichtbar wird. Dabei wird die Erkenntnistätigkeit selbst als Wirklichkeitsprozess aufgefaßt, der zur bereits bestehenden Wirklichkeit etwas wesentlich neues hinzubringt. So verstanden ist das Erkennen ein schöpferischer Naturprozess, durch den sich die Natur selbst anschaut und mit sich auseinandersetzt. Mit dieser Auffassung ist eine Abbildtheorie des Erkennens, im Gegensatz zu manchen Darlegungen anthroposophischer Interpreten, und im scheinbaren Gegensatz auch zu mancher Äußerung Steiners, durchaus verträglich. Eine ausführlichere Diskussion Herbert Witzenmanns ist in Kapitel 5 und in Teilen von Kapitel 6 hinzugefügt, weil Witzenmann seiner Interpretation einer etwas dunklen Textstelle, betreffend das Schaffen der Wirklichkeit im Erkennen, ein im Text verändertes Originalzitat aus den Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung zugrundelegt, wobei zu fragen ist, ob diese Veränderung auf Witzenmann selbst zurückgeht, oder auf Steiner. Eine Überprüfung sämtlicher Ausgaben der Grundlinien ... durch das Rudolf Steiner Archiv in Dornach am 16.10.01 ergab, daß die Zitatvariante von Herbert Witzenmann in keiner einzigen vorkommt. Witzenmann hat ersichtlich den Originaltext selbst verändert, und zwar in Richtung auf eine Interpretation, die den ursprünglichen Sinn vollständig in sein Gegenteil verkehrt. Ob dies wissentlich oder versehentlich geschehen ist vermag ich bislang nicht zu beurteilen. Eines läßt sich hier aber auf jeden Fall sagen: Witzenmanns Interpretation der fraglichen Textstelle basiert auf einer Verkennung grundlegender Tatsachen und Aussagen des Textmaterials. Und diese Verkennung ist zu nicht unerheblichen Teilen in seine Schrift Die Voraussetzungslosigkeit der Anthroposophie, 2, Stuttgart 1986 einverwoben. Wie weitgehend andere Teile dieser Schrift von diesem Irrtum betroffen sind kann nur eine eingehendere Analyse zeigen. Diese scheint mir angesichts der vorliegenden Umstände auch dringend geboten. Es spricht verschiedenes dafür, daß Herbert Witzenmann Steiners erkenntnistheoretischen Begriff der Voraussetzungslosigkeit in essentiellen Details gehörig mißverstanden hat und infolgedessen Steiners Philosophie in eine bedenkliche Nähe zum Solipsismus rückt. Einiges zu dieser Problematik enthalten die oben genannten Kapitel 5 und 6 der vorliegenden Arbeit. Die Korrespondenz mit dem Rudolf Steiner Archiv finden Sie im Anhang.
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